Trauma heilen Teil 1

Zuerst sollte man ja erstmal wissen was das denn genau ist, wo es sitzt, wie es entsteht, was es braucht… Und damit meine ich nicht DAS Erlebnis selbst, denn die meisten hier wissen ja aus eigener Erfahrung nur zu gut was das ist, also lass ich das mal aus…

Auf der Körper Ebene hat das Wort „Trauma“ die Bedeutung einer Wunde. Gerade schwere Wunden bedürfen der Versorgung. Bevor man sie verbinden kann, damit sie heilen muss man sie reinigen und eventuell mit Salben behandeln. Auf einen entzündeten, offenen und mächtig blutenden Arm, würde kein Arzt der Welt einfach mal eben einen Pflaster drauf klatschen und glauben alles wird gut. Das verdeckt zwar diese Wunde und man sieht sie nicht mehr, ebenso tropft das Blut (sorry) nicht irgendwo hin, aber jedem müsste klar sein, das macht die Sache womöglich nur schlimmer, denn es kommt nicht mal Luft ran, ist verdreckt…

Das Trauma der Psyche ist exakt so eine schlimme Wunde, nur eben nicht am Körper sichtbar, wohl aber im Gehirn vorhanden, und sogar auf CT oder MRT Bildern zu Erkennen. Zwar sieht man keine direkte Wunde wie am Arm, aber man sieht ein verändertes Gehirn wo das Amygdala (Sitz der Emotionen, das heiße Gedächtnis) deutlich vergrößert und eventuell auch der Kortex (der Bereich für das kognitive Denken und das autobiographische Gedächtnis) nicht so stark ausgebildet ist. Und die DIS ist ebenfalls erkennbar, wobei ich jetzt nicht sagen kann was da noch genau zusätzlich sichtbar ist. Aber man kann sehen das je nach Persönlichkeit ein anderer Gehirn Bereich aktiv ist.

Die Logik zeigt einem bereits, dass eine PTBS nicht unbedingt chronisch werden muss, wenn die Wunde nicht allzu groß ist, oder auch entsprechend sofort versorgt wird. Nur findet genau diese Sofort-Versorgung selten statt. Man sieht immer wieder, dass selbst wenn jemand aus Situationen befreit wird, als erstes der Körper versorgt wird, die Psyche jedoch zu wenig oder gar keine Versorgung bekommt.

Das ist sehr traurig wenn man bedenkt, dass Körper und Psyche zusammen hängen und bei der nicht Beachtung der Psyche allerlei psychosomatische körperliche Beschwerden entstehen, die die „Gesundheit“ Kassen finanziell extrem belasten. Nun ja, irgendwie passt es zu unserer Gesellschaft wo sich alles um Leistung und Funktionalität dreht und nur Beachtung findet, was man sehen und anfassen kann, während die Psyche ein Neben Ding ist, daß als nicht so wichtig betrachtet wird… Aber das ist ein anderes Thema…

Wird diese psychische Wunde also nicht versorgt, kann sie nicht richtig heilen, verkrustet heftig, entzündet sich womöglich. Sie wird irgendwie abgekapsselt und eingeschlossen und brodelt vor sich hin, bis es irgendwann (und das kann viele Jahre dauern) aufplatzt und viele Beschwerden verursacht. Die Symptome die man dann plötzlich extrem spürt, nennt man dann PTBS. Am Rande gesagt: selbst wenn die Wunde abgekapsselt ist, muss viel Energie aufgewendet werden um die „Entzündung“ in Schach zu halten, daher ist es auch vor dem Platzen nicht wirklich gut um einen bestellt, man ist geschwächt, weil man eine Dauerleistung im Hintergrund erbringen muss. Und ist diese Wunde sehr groß oder deren vieler, dann kann man sich ja vorstellen was es mit einem so anstellt, auch schon bevor diese Knoten zu platzen beginnen. Und wenn die es dann tun dann kann es schon manchmal bei Manchen an bestimmten Tagen zu nem Feuerwerk werden… Komplex halt… Und bei DIS dann noch mal mit zusätzlichen Trennwänden versehen, so dass der eine Bereich nicht mitbekommt wenn in einem anderen alles platzt, abgespalten eben…

Und wie genau sieht so ne Wunde im Hirn nun aus? Also normalerweise tut man alles was nicht traumatisch ist, sprich normale Erlebnisse, ob alltägliche oder besondere, im autobiographischen Gedächtnis speichern. Dies geschieht geordnet nach Zeit und Ort, zusammenhängend, wo einem auch ganz klar ist was alt ist und was neulich war oder aktuell ist. Es ist kontrolliert abrufbar, man kann darüber sprechen und man weiß zwar was man damals gefühlt hat, fühlt es im heute jedoch nicht.

Das läuft in etwa so, dass die Sinneseindrücke im Thalamus reinkommen und dort wie in einer Verteilerstation ind bestimmte Bereiche des Gehirns weiter geleitet werden. Zuerst passieren die Eindrücke dann das Amygdala, das wie ein Sicherheitsdienst mit einer Alarmzentrale arbeitet und diese emotional bewertet. Sind diese nicht gefährlich kommen sie in den Hippocampus. Dort werden sie sortiert und geordnet, als würde man Fotos in Alben nach Zeit und Kategorie kleben und diese Alben in Regalen alphabetisch einordnen. Das Foto Archiv ist dann im Cortex wo auch die rationale Bewertung geschieht. Nach dem Motto: „man war das eine schöne Feier“ oder „das war jetzt aber echt langweilig, pure Zeitverschwendung“. Unwichtiges wirft man vielleicht bei Zeiten weg, denn wen interessiert es denn wie das Frühstücksei vor 20 Jahren geschmeckt hat oder ob das Auto das vor ner Stunde an einem vorbei fuhr schwarz oder blau war.

Beim Trauma passiert etwas anderes. Alles kommt wie gehabt im Thalamus an aber das Amygdala schreit nur noch 📣⚠️ACHTUNG ALARM ⚠️. Darauf hin gerät die „Bibliothekarin“ im Hippocampus so in Stress und Rage, dass sortieren gar nicht mehr geht. Das ganze Material wird panisch, ungesehen und unsortiert in die „Besenkammer“, dem emotionalen Trauma Gedächtnis geschmissen und verbarrikadiert. Klappe zu, Affe Tod! Wat man net sieht ist auch nicht da! Und dann wird auch alles dafür getan, damit die Tür verschlossen bleibt und nichts angesehen werden muss, weil dieses Material so überfordert und wieder Alarm auslöst. Vermeidung auf ganzer Linie! Das ist diese besagte psychische Wunde.

Nur wird diese verbarrikadierte Tür mit der Zeit einfach morsch und der Rost fängt an zu bröseln, bis sie völlig lochrig kein Schutz mehr bietet. Weil man renoviert ja nicht, was nicht vorhanden ist, nicht wahr? Das heiße Trauma Gedächtnis feuert immer wieder ab. Ein kleiner Trigger reicht und zack werden die ungeordneten, nicht zusammen hängend gespeicherten Fragmente unkontrolliert abgefeuert so als würde es gerade aktuell passieren. Ein Flashback oder Intrusion nennt man dat dann, und oft kann man nicht mal verbal ausdrücken was da geschieht, denn diese Daten Mengen landen völlig unverarbeitet in diesem Trauma Gedächtnis und nicht im sortierten Kortex. Man fühlt alles, sieht, riecht, hört usw. als würde man es jetzt live erleben!

Wie kriegt man diese psychische Trauma Wunde nun in der unsichtbaren Psyche zum heilen? Wie desinfiziert man, wie trägt man die Salbe drauf? Wie verbindet man hier richtig, damit es nicht das sinnlose „Pflaster drauf klatschen“ ist? Und wie weit kann diese Wunde wirklich heilen? Das könnt ihr im nächsten Beitrag lesen…

14 Gedanken zu “Trauma heilen Teil 1

  1. Liebe Vergissmeinnicht(s), wow, das ist mal eine ganz tolle Beschreibung! So gute Bilder, um die Vorgänge im Gehrin zu beschreiben. Wenn ich über Trauma und Seelsorge ein Seminar gebe, hoffe ich immer seeeehr, dass dieser Teil, wie das Trauma im Gehirn wirkt, und was da genau vor sich geht, und welche Folgen das hat, verstanden wird. Denn es ist so wichtig zu begreifen, dass Trauma nicht nur etwas rein Seelisches ist, sondern eine reale und entscheidende körperliche Komponente hat. Deine Bilder oben finde ich ganz toll und gelungen. Darf ich sie mir für das nächste Seminar aneignen? Damit es handgreiflicher wird und auch anschaulicher? Das wäre toll. Ansonsten danke erst mal für deine Mühe des Aufschreibens. 🙂

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